Was ist Autismus?

Hinter dem Begriff Autismus verbergen sich mehrere Erscheinungsbilder mit unterschiedlichen Ausprägungen. Aktuell werden diese unter der Bezeichnung Autismus-Spektrum-Störung (ASS) zusammengefasst. 

Aus diagnostischer Sicht müssen in den folgenden drei Bereichen Auffälligkeiten vorhanden sein:

Menschen im autistischen Spektrum nehmen ihre Umwelt «anders» wahr. Sie fokussieren häufig Details und verlieren dabei den Gesamtzusammenhang. Selten suchen sie Blickkontakt und haben Mühe, sich in eine andere Person hineinzuversetzen. Aufgrund des übermässig hohen Bedürfnisses nach Sicherheit, fühlen sich Betroffene am wohlsten in vertrauten Umgebungen, sind auf gleichbleibende (Tages-)Abläufe und Routinen angewiesen und verkehren am liebsten mit bekannten Personen. Alles, was neu ist; unbekannte Situationen, fremde Personen und Übergänge, können heftige Unsicherheitsreaktionen, bis hin zu Ängsten und Panik auslösen. Vor allem die Schwierigkeiten, Beziehungen aufzubauen und Situationen ganzheitlich zu erfassen, können zu Problemen in der Schule und bei der Arbeit führen.

Bezüglich möglicher Erklärungen für die Ursachen, geht die Wissenschaft von mehreren Entstehungsfaktoren aus. Man weiss, dass genetische Vererbung eine Rolle spielt. Aus Sicht der Hirnphysiologie spricht man von einer funktionellen Störung. Von Geburt an sind die Nervenverbindungen im Gehirn anders vernetzt, so dass die Informationsverarbeitung gestört wird oder ineffizient funktioniert.

Wichtig ist, dass autistische Wahrnehmung nicht durch «falsche» Erziehung ausgelöst werden. Durch gezielte Förderung können beeinträchtigte Fähigkeiten verbessert und autistische Verhaltensweisen vermindert werden.

Da die Eltern meistens die ersten und einzigen vertrauten Bezugspersonen im Leben einer betroffenen Person bleiben, ist die Zusammenarbeit mit den Eltern unumgänglich. Durch die lebenslange Begleitung ihres Kindes, haben sich Eltern ein wertvolles persönliches Expertenwissen angeeignet. 

Bezeichnung des Spektrums

Die Bezeichnung eines Spektrums soll das Kontinuum der einzelnen Ausprägungen aufzeigen. Das bedeutet, dass man die einzelnen Formen nicht immer vollständig voneinander abgrenzen kann. In den internationalen Klassifikationssystemen (ICD-10-GM & DSM-IV-TR) wird das Autismus-Spektrum oder die Autismus-Spektrum-Störung (ASS) unter den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen aufgeführt.

Dazu zählen der Frühkindliche Autismus, auch als Kanner-Syndrom bezeichnet, der High-functioning Autismus, das Asperger-Syndrom und der Atypische Autismus.

Das Kanner-Syndrom sowie das Asperger-Syndrom sind nach den jeweiligen Personen benannt, die diese Störungen erstmalig um 1940 unabhängig voneinander sehr treffend beschrieben haben.

Heute geht man von einer Häufigkeit von ca. 1% in der Bevölkerung aus. Jungen bekommen viermal häufiger eine Diagnose als Mädchen.

Die Komplexität von Autismus-Spektrum-Störungen lässt sich nicht auf wenige Sätze reduzieren. Darum bitten wir Sie mit uns Kontakt aufzunehmen, wenn Sie Fragen haben oder bei Ihrem Kind oder einem Angehörigen ein Verdacht besteht.

ICD 11

Autismus-Spektrum-Störung: ICD-11, 6A02.0

Im neuen ICD-11 wird die Autismus-Spektrum-Störung als «neurologische Entwicklungsstörung» klassifiziert und folgendermassen beschrieben:

Die Autismus-Spektrum-Störung ist gekennzeichnet durch anhaltende Defizite in der Fähigkeit, wechselseitige soziale Interaktionen und soziale Kommunikation zu initiieren und aufrechtzuerhalten, sowie durch eine Reihe von eingeschränkten, sich wiederholenden und unflexiblen Verhaltensmustern, Interessen oder Aktivitäten, die für das Alter und den soziokulturellen Kontext der Person eindeutig untypisch oder exzessiv sind.

Der Beginn der Störung liegt in der Entwicklungsphase, typischerweise in der frühen Kindheit, aber die Symptome können sich auch erst später vollständig manifestieren, wenn die sozialen Anforderungen die begrenzten Fähigkeiten übersteigen.

Die Defizite sind so schwerwiegend, dass sie zu Beeinträchtigungen in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen führen, und sie sind in der Regel ein durchgängiges Merkmal der Funktionsweise der Person, das in allen Bereichen zu beobachten ist, obwohl sie je nach sozialem, familiärem oder anderem Kontext variieren können. Personen, die dem Spektrum angehören, weisen ein breites Spektrum an intellektuellen Funktionen und Sprachfähigkeiten auf.

Es wird nicht mehr kategorisch eine Diagnose gestellt, sondern es gibt die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung mit Unterkategorien zur funktionellen Sprache und zur intellektuellen Entwicklung. 

PDA

PDA ist die Abkürzung für Pathological Demand Avoidance. Es geht hierbei um ein spezielles Verhalten, bei dem Menschen dazu neigen, Anforderungen und soziale Erwartungen zu meiden. Für die Betroffenen ist es wie ein eingebauter Widerstandsmechanismus gegen fast alles, was von ihnen erwartet wird. Dies nicht aus Faulheit oder Sturheit, sondern weil es für diese Personen unheimlich schwierig ist, mit den alltäglichen Herausforderungen klarzukommen. Während es bei Autismus im Allgemeinen eher um Herausforderungen in den Bereichen Kommunikation und soziale Interaktion geht, hat es bei PDA eher mit einem spezifischen Vermeidungsverhalten gegenüber Anforderungen zu tun.

Als Ursache für PDA scheint eine Mischung aus genetischen und Umweltfaktoren eine Rolle zu spielen. Der Schlüssel im Umgang mit Betroffenen besteht hauptsächlich darin, Anforderungen zu vermeiden oder gezielt anders zu formulieren.

Während einige Experten PDA als eigenständige Diagnose betrachten (DSM 5, amerikanisches Klassifikationssystem für psychische Störungen), sehen andere es eher als spezielle Form von Autismus. Es ist zudem wichtig zu wissen, dass PDA in der Schweiz noch nicht offiziell anerkannt ist, aber immer mehr Beachtung in der Diskussion und Forschung findet.

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